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Gin
Gin
In den letzten Jahrzehnten hat die Spirituose Gin einiges an Bekanntheit gewonnen. Dabei lässt sich Gin auf verschiedenste Art und Weisen genießen. Sei es in klassischen Cocktails wie dem Dry Martini, einer moderneren Kreation wie dem Gin Basil Smash oder ganz simpel, aber dennoch nicht weniger köstlich, in einem Gin & Tonic. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Gins aus allen erdenklichen Ländern und mit den verschiedensten Botanicals (Zutaten). Auch Deutschland ist mit einer Vielzahl an guten Gin Marken vertreten. Dazu zählen Monkey 47 Gin aus dem Schwarzwald, Gin Sul aus Hamburg, Elephant Gin aus Mecklenburg-Vorpommern, Siegfried Gin aus dem Rheinland und Ferdinands Gin aus Saarbrücken. Was alle Gins aber gemeinsam haben, ist ein wichtiges Botanical, welches den Gin erst zum Gin macht: die Wacholderbeere.
Was ist Gin?
Wie bereits erwähnt ist die Wacholderbeere eine essentielle Zutat in jedem Gin, die neben vielen weiteren Botanicals zur Herstellung von Gin zum Einsatz kommt. Neben der Wacholderbeere gehören die Koriandersamen, Angelika-Wurzel, Cassiarinde, Kardamom und Zitrusschalen zu den am häufigsten verwendeten Botanicals. Aber auch exotische Botanicals werden für diverse Gins verwendet. So werden bei der Produktreihe von Amuerte Gin Koka Blätter, Physalis, Papaya, Pineberrys, Feigen und Curuba verwendet. Beim Hendricks Gin werden dagegen Gurken und Rosenblüten und beim Brockmans Gin Blaubeere und Brombeere verarbeitet. Zusätzlich zu den Botanicals ist noch ein neutraler Alkohol von Nöten.
Die Gin Herstellung lässt sich vereinfacht in vier Phasen einteilen.
1. Mazeration
Nachdem die gewünschten Botanicals und der neutrale Alkohol feststehen, kann die erste Phase der Gin Herstellung beginnen: die Mazeration. Bei der Mazeration werden die Botanicals für eine vom Produzenten gewählte Dauer im Neutral-Alkohol mazeriert, also eingelegt. Die Mazeration führt dazu, dass die Aroma- und Farbstoffe den Botanicals vom Alkohol entzogen werden. Je nach Gin-Stil wird vorgeschrieben, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Reihenfolge die Botanicals mazeriert werden dürfen. Somit ist jeder Gin tatsächlich im Grunde nichts anderes als Vodka, der mit Wacholder und weiteren Botanicals versetzt wird. Es ist auch nicht unüblich, die Botanicals in einen sogenannten Geistkorb zu legen, der sich in der Brennblase befindet. Durch das Passieren des Alkoholdampfes werden den Botanicals die Aromen entzogen. Aber dazu später mehr.
2. Destillation
Bei der zweiten Phase wird das aromahaltige Mazerat destilliert. Durch Erhitzen in der Brennblase wird aufgrund des geringen Siedepunkts der Alkohol samt den Aromen vom Wasser getrennt. Dieser steigt als Alkoholdampf in der Destille hinauf und wird durch eine spätere Abkühlung in einem anderen Kolben wieder als klares flüssiges Destillat aufgefangen. Dieses Destillat ist bereits Gin mit einem sehr hohen Alkoholgehalt von etwa 96 % Vol.
3. Lagerung
Diese dritte Phase kommt vielleicht ein wenig unerwartet, da es sich beim Gin um ein klares Destillat handelt. Aber dieser Aspekt der Gin Herstellung hat nicht den zweck dem Gin zusätzliche Aromen zu verleihen, sondern dient dazu, dass sich der Gin nach der Destillation und der damit einhergehenden Erhitzung erholen kann, was sich wiederum durch einen runderen Geschmack bemerkbar macht. Daher wird der Gin auch nicht wie beim Whisky, Cognac oder Rum in Holzfässern gelagert, sondern es kommen Behälter aus Glas oder Edelstahl zum Einsatz, die keine Aromastoffe abgeben.
Es gibt dennoch einige Gin Marken, die fassgelagerte Gins in ihrem Portfolio führen; die sogenannten Reserve Gins bzw. Barrel Aged Gins. Zwei Beispiele sind der Citadelle Réserve Gin und der Kyrö Koskue Cask Aged Rye Gin.
4. Abfüllung
Bei der letzten Phase der Gin Herstellung wird das hochprozentige Destillat mit Wasser auf Trinkstärke reduziert. Ein Gin muss mindestens einen Alkoholgehalt von 37 % Vol. besitzen. In der Regel besitzen Gins einen Alkoholgehalt von 40 % Vol. bis 47 % Vol. Nach der Reduzierung auf Trinkstärke wird der fertige Gin schließlich in Flaschen abgefüllt und ist bereit für den Verkauf.
Wie bereits erwähnt ist Gin ein klares Destillat, welches sich in unterschiedliche Stile einteilen lässt. Die bekanntesten Gin Stile sind: London Dry Gin, Dry Gin/Distilled Gin, Old Tom Gin und New Western Dry Gin.
Der Name Gin hat sich von dem niederländischen Genever abgeleitet, welcher als Ursprung des Gins gilt. Genever ist ein Wacholderschnaps, der auf eine über 400 Jahre alte Tradition zurückblicken kann und dessen Rezeptur im 17. Jahrhundert von britischen Soldaten, die die Holländer im Spanisch-Niederländischen Krieg unterstützten, auf die britische Insel gebracht wurde. Die Basis für Genever ist meist Destillat aus Getreide, Roggen- und Gerstenmalz. Aber auch Melasse, ein Nebenprodukt der Zuckerindustrie, wurde wegen einer Weizenknappheit verwendet, um Genever herzustellen. Der Bessen-Genever, welcher ein schwarzer Johannisbeerlikör auf Genever Basis ist, ist eines der
bekannteren Produkte, die auf Genever basieren. Aus der Rezeptur des Genevers hat sich durch eine Abwandlung der Gin entwickelt.
Die unterschiedlichen Gin Stile
Seit 2008 gibt es eine europäische Spirituosenverordnung der EU, in der unter anderem festgelegt wird, welche Gin Stile es in Europa gibt und welche Kriterien erfüllt werden müssen, damit ein Gin dem entsprechenden Gin Stil entspricht.
London Dry Gin
Der London Dry Gin ist einer der bekanntesten Gin Stile und ist der Gin Stil, der am strengsten reguliert ist. Dabei sei vorweg gesagt, dass es sich bei dem Zusatz „London“ nicht um eine Herkunftsbezeichnung handelt. Ein London Dry Gin muss nicht in London hergestellt werden, sondern nur die Produktionsbestimmungen erfüllen. Eine Charakteristik beim London Dry Gin ist die dreifache-Destillation. So muss beim London Dry Gin der Basis Alkohol bei der ersten Destillation aus landwirtschaftlichen Produkten wie Getreide oder Weizen hergestellt werden. Beim London Dry Gin ist auch der Zeitpunkt, wann die Botanicals mazeriert werden dürfen, reguliert. Dies darf nur während der Destillation geschehen. Das bedeutet, dass man einen stählernen Korb mit den Botanicals befüllt und beim finalen Destillationslauf in die Brennblase hängt. Der daran vorbeiziehende Alkoholdampf reichert sich mit den Aromen der Botanicals an. Dieses Verfahren bezeichnet man als Vapor Infusion. Die Botanicals müssen zudem natürlichen Ursprungs sein, was die Produktion eines London Dry Gins aufwändiger macht. Nach der letzten Destillation darf zudem kein weiterer Ethylalkohol hinzugefügt werden und nur Wasser zur Reduktion auf Trinkstärke verwendet werden, sodass das Endprodukt einen Mindestalkoholgehalt von 37,5 % nicht unterschreitet. Zum 18. Jahrhundert galt der London Dry Gin unter anderem durch die aufwändigere Herstellung als Edelspirituose. Zu den bekanntesten London Dry Gin Sorten zählen Tanquery Gin, Haymans Gin, Beefeater Gin, Bombay Gin, Gordons Gin und Sipsmith Gin.
Durch die Zugabe der verschiedenen Botanicals ist es möglich, dass jeder London Dry Gin seinen eigenen individuellen Geschmack haben kann. So kann es sein, dass der London Dry Gin mit Kräuternoten hervorsticht, aber auch fruchtige London Dry Gins sind möglich. Jedoch wird eine bestimmte Geschmacksrichtung durch die europäische Spirituosenverordnung für London Dry Gin vorgegeben. Und zwar die Dominanz des Wacholderbeeren-Aromas. Auch wenn die Dominanz des Wacholder-Aromas bei London Dry Gins vorgeschrieben ist, können die fertigen Gins sich sehr stark unterscheiden, da der Geschmack sehr subjektiv ist. Daher kann die europäische Spirituosenverordnung für Gin eher als eine Art Reinheitsgebot verstanden werden.
Dry Gin/Distilled Gin
Ähnlich wie beim London Dry Gin gibt es bestimmte Vorgaben der europäischen Spirituosenverordnung, die eingehalten werden müssen, damit sich ein Gin Dry Gin bzw. Distilled Gin nennen darf. Die beiden Bezeichnungen Dry Gin und Distilled Gin verraten dabei schon etwas über die Herstellungsvorgaben. Bei ersterer bezieht sich das „Dry“ darauf, dass es beim Dry Gin untersagt ist Zucker oder Süßungsmittel hinzuzufügen. Bei der zweiten Bezeichnung bezieht sich das „Destilled“ darauf, dass dieser Gin destilliert werden muss. Dies hat den Ursprung im 18. Jahrhundert, als es jedem möglich war, lediglich durch Mazeration/Infusion Gin herzustellen und die Qualität deshalb sehr stark darunter litt. Zu der damaligen Zeit war es ein Qualitätsmerkmal, wenn der Gin destilliert war.
Genauso wie beim London Dry Gin muss der Basisalkohol beim Dry Gin landwirtschaftlichen Ursprungs sein und erneut destilliert werden, sodass ein Dry Gin mindestens zweifach destilliert ist. Ein Unterschied zum London Dry Gin betrifft die Botanicals. Beim Dry Gin ist es erlaubt, auch naturidentische Aromen zu verwenden und sogar die Zugabe von Farbstoffen ist erlaubt. Auch der Zeitpunkt der Zugabe der Botanicals ist nicht fest vorgeschrieben. So darf man beim Dry Gin, anders als beim London Dry Gin, auch nach der letzten Destillation noch Botanicals oder Farbstoffe hinzufügen.
Bei der geschmacklichen Vorgabe gibt es beim Dry Gin wieder Gemeinsamkeiten mit dem London Dry Gin. Auch hier ist durch die europäische Spirituosenverordnung ein dominierendes Wacholder-Aroma vorgeschrieben. Durch die Möglichkeit der späteren Zugabe von Aromen und Botanicals, lässt sich beim Dry Gin allerdings eine ganz andere Intensität anderer Botanicals, abgesehen von Wachholder, erreichen.
Hendrick’s Gin zählt zu den bekanntesten Vertretern des Dry Gins. Auch der Gin Mare zählt mit seinem mediterranen Flair zu den Lieblingen unter den Dry Gins. The Botanist Gin von der schottischen Islay Scotch Brennerei Bruichladdich ist mit seinem kräutrigen Profil ebenfalls sehr beliebt.
Old Tom Gin
Der Old Tom Gin stammt aus der Zeit nach dem Spanisch-Niederländischem Krieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Da zur damaligen Zeit auf der Insel die Methoden der Destillation noch nicht ausgereift waren und die Engländer Schwierigkeiten hatten, den komplexen Geschmack des Genevers zu reproduzieren, entstand ein Destillat (Gin), welches von minderer Qualität war. Der Gin war meist kratzig und hart. Da es zu der Zeit den Engländern weniger um den Genuss ging, sondern die Wirkung im Fokus lag, behalf man sich durch Aromatisierung und Zuckern des Gins nach der Destillation. Dadurch wurde der Gin im Geschmack harmonischer und ließ sich besser trinken. Mit dem „Gin Act“ aus dem Jahr 1751 reagierte die britische Regierung auf die vermehrte Kriminalität, die durch den enormen Konsum von Gin verursacht wurde, und auf die steigenden Zahlen an Arbeitern, die dem Alkohol verfallen waren. So wurde die nicht lizenzierte Herstellung von Gin verboten und in Folge dessen verlagerte sich die Gin Herstellung und der Verkauf in den Untergrund. Um der Kundschaft zu signalisieren, dass es in dem Pub illegal hergestellten Gin gab, hingen die Pub-Betreiber eine hölzerne schwarze Katze an die Tür. Da diese Katze den Namen „Old Tomcat“ besaß, leitete sich daraus die Bezeichnung für den Old Tom Gin ab. Heute sind die gesüßten Old Tom Gins ein eigener Gin-Stil und seit den 2000er Jahren wieder beliebt, da Barkeeper, um historische Cocktail Rezepte zu mixen, oftmals Old Tom Gins benötigen. Die bekanntesten Old Tom Gin Marken sind unter anderem Hayman’s Old Tom Gin, Dutch Courage Old Tom Gin, Tanqueray Old Tom Gin und Citadelle No Mistake Old Tom Gin.
New Western Gin
Die Gin Kategorie New Western Gin hat sich erst zu beginn des 21. Jahrhunderts entwickelt und trug mit Sicherheit einen großen Teil zu dem enormen Beliebtheitsanstieg von Gin bei. Bei New Western Gins gibt es im Vergleich zu London Dry Gins und Dry Gins einen Unterschied, der direkt auffällt. Die Dominanz der Wacholderbeere ist beim New Western Dry Gin nicht mehr vorgeschrieben. Die Wacholderbeere gelangt sogar mehr in den Hintergrund und andere Botanicals und Aromen stehen im Fokus. Was die Herstellung des New Western Dry Gins betrifft, ähnelt diese sehr der des Dry Gins. So ist es erlaubt die Botanicals zu einem beliebigen Zeitpunkt hinzuzufügen. Was aber die Botanicals betrifft, ist es beim New Western Dry erlaubt sich einer größeren Auswahl an Geschmacksstoffen und Gewürzen zu bedienen, wovon meist ein Aroma besonders hervorsticht. Durch diese Freiheiten ist es den Gin Produzenten möglich, Gin Kreationen auf den Markt zu bringen, die aromatisch teilweise stark vom klassischen Geschmacksbild eines Gins abweichen. Aber genau diese kreative Verspieltheit macht diese Gin Kategorie so besonders. So gibt es New Western Gin-Kreationen, bei denen zum Beispiel beerig-fruchtige Aromen im Fokus stehen, wie zum Beispiel beim Brockmans Gin. Was den Geschmack von New Western Gins angeht, ist es nicht möglich pauschal eine Aussage zu treffen, da wie bereits erwähnt, den Gin Herstellern eine große Freiheit gewährt wurde in Bezug auf die Botanicals und die fehlende Dominanz der Wacholderbeere. Dennoch ist diese Gin Kategorie besonders spannend, da der Gin sehr facettenreich ausfallen kann und es prinzipiell für jeden Geschmack den passenden Gin gibt.